Impuls zum 25. August 2024
Von Gerold König, pax christi-Bundesvorsitzender
„Manchmal bist Du unerträglich“
Einführung
„Manchmal bist Du unerträglich“, sagten die Jünger zu Jesus. „Was Du da erzählst, kann doch kein Mensch anhören“.
So geht es mir manchmal auch. Dann kann und will ich fromme Texte einfach nicht mehr hören. Weil ich sie nicht in Verbindung zu meinem Leben bringen kann, weil sie abgehoben sind, weil ich sie nicht verstehe, weil sie eine andere Wirklichkeit, als die Meine wiederspiegeln. Dann wird das Hören und Lesen unerträglich.
UNERTRÄGLICH – ein komisches Wort. Wir wissen, was damit gemeint ist:
Ich kann etwas nicht ertragen
Die Last ist zu schwer – ich kann sie nicht tragen
Das oder die/der ist nicht mehr tragbar
Wenn ich Hunger habe, bin ich unerträglich
Wenn jemand unerträglich ist, wird er zur Last, zur Belastung. Die Leute wollen denjenigen nicht mehr, sie wollen ihm nicht zuhören, nicht folgen. Was er/sie sagt klingt falsch, ist nicht Mainstream.
Manchmal muss man unerträglich sein. Manchmal muss man immer und immer wieder das sagen, was die anderen nicht hören wollen. Manchmal muss man gegen den Strom schwimmen. Manchmal muss man den anderen Lasten auferlegen. Manchmal ist die Wahrheit unerträglich. Wir wollen sie nicht hören – aber es ist die Wahrheit!
Jesus hat über das lebendige Brot gesprochen, dass er der Welt geben will. Wer soll das schon verstehen. Jesus spricht über sich: Er spricht von Menschwerdung, Kreuzesopfer und Himmelfahrt. In diesen drei Stationen wird der ganze Christus gegenwärtig – für uns: seine Menschheit.
Unerträglich daran ist, dass diese drei Stationen, Stationen seiner Liebe zu uns sind, zu jedem von uns, da ist die Feindesliebe mit eingeschlossen. In der Menschwerdung hat er es schon gezeigt: diese uneingeschränkte Liebe: Friede den Menschen auf Erden! Im Kreuzesopfer noch eindeutiger: Er ist den Weg des Friedens gegangen, der Gewaltlosigkeit, er hat keinen Hass und keine Vergeltung gekannt, bis ans Kreuz ist er gegangen, er hat das Unerträgliche gespürt. Die Himmelfahrt ist das irdische Ende – sie ist die Verherrlichung Gottes seines Vaters, zu dem er heimkehrt – uns hinterlassend den Ansporn, ihm nachzufolgen. Eine riesige Herausforderung. Eine unerträgliche Herausforderung, der wir nicht gewachsen sind. Eine Herausforderung, die wir annehmen können. Sie weist uns den Weg in ein Himmelreich. Sein Himmelreich, in die Vollkommenheit.
„Den Weg wollen wir gehen.
Die Liebe geht mit uns auf dem langen
und steinigen, auf dem weiten und unbequemen;
auf dem Weg, den die Mühe lohnt,
auf dem Weg, den die Mühe lohnt“
Das Unerträgliche wird tragbar – auf dem Weg, den die Mühe lohnt.
Kyrieruf
Es fällt mir schwer zu glauben
Der Glaube ist eine Last, die ich nicht tragen kann
Ich sehe das Gute – aber die Last ist schwer
Herr erbarme Dich
Vieles in meinem Leben ist unerträglich:
Angst, Sorgen, Kriege, Hunger, Gewalt, Gesundheit
ich könnte manches wenden – aber die Last ist schwer
Christus erbarme Dich
Wir gehen sorglos mit den Ressourcen unserer Erde um:
Klimawandel bestimmt mittlerweile den Alltag mit unerträglichen Folgen:
Ich weiß es, verdränge es, spreche nicht aus, was zu tun ist – die Last ist schwer
Herr erbarme Dich
Ruf zum Evangelium
Halleluja, Halleluja
Deine Worte, Herr, sind Geist und Leben.
Du hast Worte des ewigen Lebens.
Halleluja
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes (Joh.6, 60-69)
Empört sagten viele seiner Jünger: „Was er da redet ist unerträglich, eine Zumutung! Wie kann man von jemandem verlangen, sich so etwas anzuhören?“
Jesus war sich bewusst, dass die Jünger über seine Worte empört waren. „Daran nehmt ihr Anstoß?“ fragte er sie. Und „was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn in den Himmel zurückkehren seht, dorthin, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht: das Fleisch ist dazu nicht fähig. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben. Aber es sind einige unter euch, die glauben nicht.“
Jesus wusste nämlich von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wusste auch, wer es war, der ihn verraten würde. Er schloss mit den Worten: „Aus diesem Grund habe ich zu Euch gesagt: Niemand kann von sich selbst aus zu mir kommen, es kann nur durch das Wirken des Vaters geschehen.“
Von da an zogen sich viele seiner Jünger von ihm zurück und begleiteten ihn nicht mehr.
Da fragte Jesus die zwölf, die geblieben waren: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“
„Herr, zu wem sollten wir gehen?“ antwortete Simon Petrus. „Du hast Worte, die zum ewigen Leben führen, und wir glauben und haben erkannt, dass du der Heilige bist, den Gott gesandt hat“
Auslegung
Auch für mich war dieser Text zunächst unerträglich. Ich konnte die Jünger gut verstehen, die gesagt haben, jetzt ist es genug, das ist eine Zumutung, was der da mit uns macht. Und ich habe mich schwergetan, die Worte von Simon Petrus zu verstehen.
Erst nach mehrmaligem Lesen und darüber reden ist mir deutlich geworden:
Christus spricht über das lebendige Brot: Ich bin das Brot des Lebens
Du bist der Heilige, den Gott gesandt hat, antwortet ihm Petrus
Daran muss man glauben. Alle wenden sich ab – nur die Zwölf bleiben – sie haben das Reich Gottes erkannt und sind bereit, sich auf den Weg zu machen, zu diesem Reich – der Himmelfahrt. Auf den langen und steinigen, auf den weiten und unbequemen, auf den Weg, der die Mühe lohnt. Daran muss man erstmal glauben!
Ich glaube, ich hätte mich auch abgewandt und von einer Zumutung gesprochen. Wäre den einfachen Weg weitergegangen, den ebenen, geraden, kurzen und mit Bänken und Schatten versehenen Weg. Mir ist bewusst geworden: Das Schöne und Glatte ist nicht das non plus ultra. Frieden und Freiheit werden nicht als Gaben auf dem einfachen Weg liegen, das Reich Gottes, das Frieden und Freiheit impliziert braucht Einsatz und Kraft, Mut und Glaube an die Menschwerdung, das Kreuzesopfer und die Himmelfahrt:
Den Weg wollen wir gehen.
Fürbitten
Manchmal gehen wir im Dunkeln, sehen den Weg nicht mehr.
Fragen über Fragen lassen uns zweifeln an Deinem Weg des Friedens,
der steil und schwer ist, unerträglich und unbequem:
Wir brauchen Mut und Kraft und Vergewisserung, die Du uns geben kannst
Höre unsere Worte, Herr
Manchmal wissen wir nicht weiter in der Ausweglosigkeit des Lebens.
Erschüttert nehmen wir zur Kenntnis, dass neue Katastrophen die Erde erschüttern, dass neue Kriege die Menschen verwunden und töten. Wir wollen die Augen und die Ohren am liebsten verschließen. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen:
Öffne unsere Herzen, Augen, Ohren und Münder, damit wir die Ungerechtigkeit herausbrüllen und den Weg des Widerstandes gehen können
Höre unsere Worte, Herr
Manchmal fehlen uns die Worte, wir sind sprachlos ob der Rhetorik, die Einzug hält in unsere Sprache. Es sind nicht die Worte des Friedens, es sind Worte des Krieges, die da reden von Kriegstüchtigkeit und Wehrhaftigkeit
Gib uns den Mut, gewaltfrei zu sein, einzutreten für Frieden und Gerechtigkeit, zeige uns den Weg, den wir gehen müssen
Höre unsere Worte, Herr
Manchmal sind wir traurig. Getroffen vom eigenen Schicksal. Tod und Krankheit begleiten unser Leben. Gerade Liebgewonnenes vergeht. Das ist schwer auszuhalten, unerträglich.
Stelle Menschen an unsere Seite, denen wir vertrauen, die uns halten und begleiten, die mit uns schweigen und weinen, damit wir nicht alleine sind.
Höre unsere Worte, Herr
Vater unser
Mit vielen Menschen dieser Erde sind wir durch dieses Gebet verbunden, in vielen Sprachen wird es tagtäglich gesprochen, so auch von uns:
Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name
Dein Reich komme
Dein Wille geschehe
Wie im Himmel so auch auf Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch
wir vergeben unseren Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung
sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit
Amen
Schluss und Sendung
Soren Kirkegard
Aus Liebe
Dass wir dich doch als das sehen möchten, was du bist
und warst und bis zu deiner Wiederkunft sein wirst:
als Zeichen des Ärgernisses und den Gegenstand des Glaubens,
als den geringen Menschen und doch
den Retter und Erlöser des Menschengeschlechtes,
der aus Liebe auf die Erde kam,
um die Verlorenen zu suchen,
um zu leiden und zu sterben,
und der du doch bekümmert wiederholen musstest:
Selig, wer an mir nicht Ärgernis nimmt.
Dass wir dich doch so sehen möchten und dass wir uns
dann nicht an dir ärgern möchten.
So begleite und segne uns auf unserem Weg, dem langen und steinigen, dem weiten und unbequemen, dem Weg, der die Mühe lohnt
Der dreieinige Gott:
der Vater
der Sohn und
die heilige Geistkraft
Amen